Experimentelle Grundlagenforschung

Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie

Die Experimentelle Forschung der Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie befasst sich mit der Entwicklung neuartiger Strategien zur Behandlung von erworbenen und erblich bedingten Erkrankungen des Herzmuskels, dem Myokard.

Wir verwenden induziert pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen), die wir zu Herzmuskelzellen ausdifferenzieren, aus denen wir dann anschließend miniaturisiertes 3D-Myokard herstellen. Diese spontan kontrahierenden Konstrukte können dann für Transplantationsxperimente zur Behandlung einer Herzmuskelschwäche oder für die in vitro-Krankheitsmodellierung verwendet werden. Des Weiteren benutzen wir sogenannte Genscheren (Designer-Nukleasen), um genetische Mutationen hochpräzise zu korrigieren und somit eindeutige Genotyp-Phänotyp-Korrelationen zu bestimmen. Darüber hinaus verwenden wir diese Technologie, um Reportergene in das Genom einzubringen, die es uns erlauben, Transplantate im Empfänger nachzuweisen oder durch Mutationen gestörte intrazelluläre Prozesse besser zu verstehen um dann präzise Behandlungsoptionen zu entwickeln.

Modellierung von genetisch bedingten Erkrankungen des Herzmuskels

Leiter: Dr. rer. nat. George Kensah

Kooperationspartner: Prof. Dr. med. Gerd Hasenfuß (UMG), Prof. Dr. med. Martin Zenker (Uniklinik Magdeburg), Prof. Dr. rer. nat. Reza Ahmadian (Uniklinik Düsseldorf)

Projektdauer: 2015 – 2022 (Verlängerung beantragt)

Stand des Projekts: In Bearbeitung.

Induziert pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) lassen sich mit verhältnismäßig geringem Aufwand aus leicht zugänglichen Zellen von Patient*innen, bspw. aus Blut oder kleinen Hautbiopsien, herstellen. Sie haben die Fähigkeit sich in alle Zellen des menschlichen Körpers differenzieren zu lassen. Daher eignen sie sich hervorragend dazu, genetisch bedingte Erkrankungen in vitro zu modellieren. Im Fokus unserer Forschungsbemühungen stehen Patient*innen, die Mutationen in Genen des RAS-MAPK Signaltransduktionswegs tragen. Diese Mutationen führen zu seltenen Erkrankungen, die der Familie der RASopathien zugordnet werden. Charakteristische Merkmale der Betroffenen sind in unterschiedlich starker Ausprägung unter anderem kognitive Defizite, vermindertes Wachstum und Veränderungen des Herzmuskels, was im schlimmsten Fall zu Herzversagen im frühen Kindesalter oder bei jungen Erwachsenen führt. Wir verwenden iPS-Zellen dieser Patient*innen, aus denen wir 3-dimensionale Herzmuskelkonstrukte herstellen. Diese, dem natürlichen menschlichen Herzmuskel in vielen Belangen äußerst ähnlichen Organoide eignen sich hervorragend, um an ihnen den Krankheitsverlauf in vitro nachzuempfinden und mechanistische Aspekte der Krankheitsphysiologie zu entschlüsseln und zu verstehen. Zu diesem Zweck verwenden wir Bioreaktor-Systeme, die es uns erlauben, individuelle Gewebe über einen Zeitraum von mehreren Monaten wiederholt einem umfangreichen Spektrum von Untersuchungen zu unterziehen. Hierzu gehören insbesondere nicht-invasive Analysen zur Anregungs-Kontraktions-Kopplung und Messungen von Kontraktionskräften. Beide Parameter werden signifikant von krankhaften Veränderungen des Herzmuskels beeinflusst und sind darüber hinaus ausgezeichnete Indikatoren für Wirksamkeits- und Sicherheitstestung von pharmazeutischen Interventionen. Mechanistische Grundlagen der jeweilig untersuchten Mutation und Auswirkungen werden gewonnen, indem wir neueste Methoden der Proteomik und Transkriptomik anwenden. Die gewonnenen Erkenntnisse können dazu dienen, um Strategien zu entwickeln die betroffene Personen zukünftig gezielt Mutations-spezifisch zu behandeln.

Erste Erfolge zur Behandlung RASopathie-bedingter Hypertrophie in vitro konnten wir durch den Einsatz von spezifischen niedermolekularen Substanzen zur Hemmung von Komponenten des durch die Mutationen hyperaktivierten RAS-MAPK Signalwegs erzielen. Diese vielversprechenden Ergebnisse ermutigen uns, diesen Ansatz auf ein erweitertes Spektrum an RASopathie-assoziierten Mutationen anzuwenden um so das Verständnis der zugrundeliegenden Pathomechanismen kontinuierlich zu erweitern.

Kardiale in vitro Krankheitsmodellierung von RASopathien

in vitro Krankheitsmodellierung von früheinsetzenden Kardiomyopathien unter Verwendung von RASopathiepatienten-spezifischen induziert pluripotenten Stammzellen

Leiter: Dr. rer. nat. George Kensah

Kooperationspartner: Prof. Dr. Martin Zenker (Uniklinik Madgeburg), Dr. Lukas Cyganek (UMG), Prof. Dr. Niels Voigt (Institut für Pharmakologie und Toxikologie,UMG), Dr. Julia Dahlmann (Medizinische Hochschule Hannover), Dr. Jan Christoph (Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation Göttingen)

Projektdauer:2019-2022

Stand des Projekts: in Bearbeitung

Das Noonan-Syndrom gehört zu den RASopathien, welche eine Gruppe monogenetischer Erkrankungen darstellt, die durch Mutationen in Komponenten des RAS/MAPK Signalwegs verursacht werden. Typische Symptome sind kognitive Einschränkungen, Kleinwuchs, ein erhöhtes Tumorrisiko und schwerwiegende Herzfehler. Das Noonan-Syndrom ist mit einer Inzidenz von 1:3000 bis 1:5000 die häufigste RASopathie und ist aufgrund eines ausgeprägten kardialen Phänotyps oft lebensbedrohlich. Kausale Behandlungen sind noch nicht verfügbar, da die zugrundeliegenden Pathomechanismen ungenügend verstanden sind. Daher ist eine Herztransplantation oft die einzige Option, um diesen Patienten das Überleben zu sichern.

Das Ziel unserer Forschung ist daher das Verständnis der Pathophysiologie zu erweitern, um neue Therapieansätze zu identifizieren. Hierzu werden Kardiomyozyten aus patienten-spezifischen induziert pluripotenten Stammzellen gewonnen, die zur Krankheitsmodellierung in dreidimensionalen myokardialen Geweben genutzt werden. Diese Gewebe werden über einen Zeitraum von mehreren Monaten detaillierten multiparametrischen Untersuchungen unterzogen. Besonders hierbei ist die noninvasive Möglichkeit die Gewebe mit einem, in unserem Labor entwickelten, Bioreaktorsystem longitudinal zu beobachten und somit neben der physiologischen Charakterisierung der Erkrankungen die Beobachtung deren Verlaufs ermöglicht. Außerdem können mit Hilfe dieses Systems verschiedenste Therapiemöglichkeiten und Strategien getestet werden, wodurch grundlegende Hinweise auf deren Wirkungsweise gesammelt werden können.

Es ist uns vor Kurzem gelungen eine RIT1-assoziierte hypertrophe Kardiomyopathie zu modellieren in der sich pathologische Charakteristika über die Zeit manifestierten. Erste Belege für die Wirksamkeit einer Behandlung mit Trametinib konnten mit diesem Ansatz gefunden werden. Die Kontraktionskraft und krankhafte Verdickung des Myokards konnten dadurch weitestgehend normalisiert werden. Die Übertragbarkeit dieses Ansatzes auf weitere Organsysteme ist Gegenstand weiterer Forschungsbemühungen

Young Investigator Award Preis für Basic Science 2022

Frau Dr. rer. nat. Fereshteh Haghighi, Post-Doktorandin unserer Forschungsabteilung Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie, hat beim diesjährigen Heart Failure Kongress in Madrid den Preis "Young Investigator Award für Basic Science" gewonnen.

Der Titel ihrer Arbeit lautete:

Electrophysiological anomalies associated with a noonan syndrome mutation in RAFI contribute to the development of cardiac arrhythmias 

Der Kongress wird von der European Society of Cardiology organisiert und der Preis wurde Dr. rer. nat. Fereshteh Haghighi von Prof. Thomas Lüscher übergeben.

Hans Georg Borst-Preis Verleihung

Im Zusammenhang mit dem oben beschriebenen Projekt "in vitro Krankheitsmodellierung von früheinsetzenden Kardiomyopathien unter Verwendung von RASopathiepatienten-spezifischen induziert pluripotenten Stammzellen"  wurde Frau Karolin Kleemann, Doktorandin unserer Forschungsabteilung Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie,  der Hans Georg Borst-Preis verliehen.

Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) verlieh im Rahmen der 50.-Jahrestagung 2021, welche in diesem Jahr online stattfand, den Hans Georg Borst-Preis an Frau Karolin Kleemann. Der mit 1000 € dotierte Preis wird jedes Jahr während der Eröffnungsfeier der Jahrestagung an Ärzte oder Wissenschaftler mit besonderen Forschungsleistungen der Herzmedizin verliehen und durch den DGTHG-Sekretär Prof. Dr. Andreas Markewitz übergeben. In diesem Jahr wurde die Arbeit von Frau Karolin Kleemann mit dem Titel „Noonan syndrome-associated hypertrophic cardiomyopathy caused by a mutation in RIT1 can be partially rescued by inhibition of RAS/MAPK signalling pathway "in vitro" im Rahmen der online Veranstaltung ausgezeichnet.

Die Arbeit beschreibt die Möglichkeit in vitro das RIT1-assoziierte Noonan-Syndrom mit Hilfe von induziert pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) zu modellieren und anhand dessen das Verständnis für den Pathomechanismus dieser Erkrankung näher zu betrachten. Da es sich beim Noonan-Syndrom, um eine Entwicklungsstörung handelt, die neben anderen Symptomen, die Patienten besonders durch einen angeborenen Herzfehler einschränkt, fokussiert sich das preisgekrönte Projekt besonders auf die Charakterisierung des kardialen Phänotyps. Hierzu werden aus den patienten-spezifischen iPS-Zellen Kardiomyozyten generiert, welche zur Herstellung dreidimensionaler myokardialer Herzgewebe genutzt werden. Diese werden im Besonderen hinsichtlich der Entwicklung physiologischer Parameter über die Zeit mit Hilfe eines, im Forschungslabor der Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie unter der Leitung von Herrn Dr. George Kensah entwickelten, Bioreaktorsystems beobachtet. Dieses System erlaubt auch die detaillierte Beobachtung der Auswirkung verschiedener Therapeutika und Behandlungsstrategien, sodass erste vielversprechende Erkenntnisse über die Wirksamkeit eines MEK Inhibitors gewonnen werden konnten. Der MEK Inhibitor Trametinib sorgte bereits zuvor in einem Heilversuch, durchgeführt von Herrn Dr. Gregor Andelfinger 2019, in Patienten mit RIT1-assoziiertem Noonan-Syndrom eine beachtliche Verbesserung des klinischen Zustands und kann nun mit Hilfe der in vitro Krankheitsmodellierung näher untersucht werden. Das übergeordnete Ziel des Projekts ist es die Pathophysiologie von RASopathien wie z. B. des Noonan-Syndroms besser zu verstehen und basierend darauf einen kausalen Therapieansatz zu entwickeln, der derzeit für Patienten mit RASopathien noch nicht zur Verfügung steht.

Kontakt

Leiter Forschungslabor

Dr. rer. nat. George Kensah

Dr. rer. nat. George Kensah

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