Mitralklappe
Herzklappenchirurgie in der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie
Die Mitralklappe dient als Ventil zwischen dem linken Vorhof und der linken Herzkammer. Sie besteht aus zwei Segel, die mit sogenannten Sehnenfäden mit dem Herzmuskel verbunden sind. Durch die Mitralklappe gelangt das Blut aus der Lunge, in die linke Herzkammer, um von dort aus in den Kreislauf aufgeworfen zu werden. Bei einer Undichtigkeit der Mitralklappe spricht man von einer Mitralklappeninsuffizienz. Eine Mitralklappenstenose liegt bei einer Verengung der Mitralklappe vor.
Mitralklappeninsuffizienz
Die Mitralklappeninsuffizienz ist nach der Aortenklappenstenose die zweithäufigste Herzklappenerkrankung im Erwachsenenalter und wird in der Gesamtbevölkerung auf 1–2% geschätzt. Sie steigt altersabhängig bis auf >10% bei über 75-jährigen. Über etliche Jahre hinweg entwickelt sich dieses Krankheitsbild schleichend, ohne dass die Patient*innen davon etwas merken. Das in den linken Vorhof zurückfließende Blut führt zu einer ständig steigenden Volumenbelastung des Herzens. Diese Volumenbelastung führt zur Überdehnung des linken Vorhofs und zu einem Rückstrom des Blutes in die Lunge mit folgender Atemnot. Schließlich kommt es zur Abnahme der linksventrikulären Funktion. Bei den meisten schweren Erkrankungen der Mitralklappe ist die Operation die beste Therapieoption. Nur so können die subjektiven Beschwerden reduziert und die Lebenserwartung verbessert werden. Gegebenenfalls kann gleichzeitig ein rhythmuschirurgisches Verfahren zur Beseitigung des Vorhofflimmerns, z. B. die Maze-Prozedur, durchgeführt werden.
Klappenersatz oder Rekonstruktion?
Prinzipiell gibt es zwei operative Möglichkeiten, die Mitralklappe zu versorgen: der komplette Ersatz oder die Rekonstruktion der Klappe. Auch hier gilt es, genau zu beachten, welche Befunde vorliegen, welcher Genese die Erkrankung ist und welche Begleiterkrankungen vorliegen. Meistens ist die Insuffizienz degenerativ bedingt (primäre Mitralklappeninsuffizienz) .
Eine primäre Mitralklappeninsuffizienz entsteht durch elongierte oder abgerissene Sehnenfäden, ggf. auch durch eine Dilatation des Anulus. Hier kann die Mitralklappe in den meisten Fällten gut repariert werden (Rekonstruktion). Eine Stabilisierung des Mitralklappenanulus mittels eines Anuluplastieringes ist bei jeder Rekonstruktion unabdingbar.
Eine sekundäre Mitralklappeninsuffizienz entsteht durch die Dilatation der linken Kammer und eine dynamische restriktive Segelstellung mit fehlendem Klappenschluss.
Schwere Verkalkungen oder Vernarbung können eine Rekonstruktion erschweren oder unmöglich machen. Auch Patient*innen mit ischämisch bedingter sekundärer Mitralklappeninsuffizienz scheinen nur unter bestimmten Voraussetzungen von einer Rekonstruktion zu profitieren. Hier kann der Klappenersatz die bessere Lösung sein.
Für Patient*innen mit sehr schlechter Herzfunktion und/oder schweren Begleiterkrankungen gibt es die Möglichkeit, interventionell die Funktion der Mitralklappe zu verbessern (z.B. MitraClip-Therapie). Ob ein solches Verfahren in Frage kommt, muss im Herzteam entschieden werden.
Erfolgsrate
Seit mehr als einem Jahrzehnt wird die Mitralklappenrekonstruktion mit sehr niedrigem Risiko durchgeführt und es gibt gute Statistiken zu den Langzeitergebnissen. Die Reoperationsrate ist nicht nur von der Qualität der Operation, sondern auch vom Grad der Schädigung der Klappe und des Herzmuskels abhängig. Insbesondere die Rekonstruktion des hinteren Segels zeigt exzellente Langzeitergebnisse. Die rekonstruierte Klappe funktioniert nach 20 Jahren bei über 90% der Patienten immer noch einwandfrei. Im Jahr 2018 konnten 64 % der durch eine Mitralinsuffizienz geschädigten Klappen rekonstruiert werden (Deutscher Herzbericht 2019). Ein Klappenersatz konnte so vermieden werden.
Rekonstruktion: Anspruchsvolle Operation
Der Klappenapparat funktioniert als ein sehr feines Zusammenspiel aus vier Komponenten: zwei Segel mit ihrer Aufhängung am Klappenring, Sehnenfäden und Papillarmuskel. Der operative Angriffspunkt an diesem komplexen Zusammenspiel ist sehr vielfältig und individuell zu entscheiden. Die Segel können gerafft, verkleinert oder vergrößert werden. Die Sehnenfäden können ebenfalls gerafft, aber auch umgesetzt, verlängert oder durch künstliche Sehnenfäden ersetzt werden. Auch die Papillarmuskeln kann man kürzen oder umsetzen. Im Idealfall kommt man durch eine Rekonstruktion nahe an die natürliche Funktion heran.
Minimal invasiv(MICS-MKR)
Wir führen Klappenrekonstruktionen nicht nur auf herkömmliche Weise über eine mediane Sternotomie durch, sondern möglichst minimal invasiv. Dabei wird eine Minithorakotomie zwischen der 4. und 5. Rippe rechts in der Brustfalte vorgenommen, um dann mittels videoassistierter Schlüssellochtechnik unter guter Sicht mit speziell dafür entwickelten Instrumenten die Mitralklappe zu reparieren oder zu ersetzen. Diese Technik zeichnet sich durch einen kleineren Schnitt ohne Durchtrennung des Brustbeins aus. Dadurch ist die Wundheilung besser und die Patient*innen erholen sich schneller. Der Brustkorb ist sofort nach der Operation wieder vollständig belastbar. Das kosmetische Ergebnis ist deutlich besser. Bei Frauen ist die in der Brustfalte liegende Narbe in der Regel nicht mehr zu sehen. Wichtig für eine derartig anspruchsvolle Operation ist nicht nur eine gute Befunderhebung vor, sondern auch eine begleitende Überwachung und Kontrolle mittels transösophagealer Echokardiographie während der Operation. Nach einer Mitralklappenrekonstruktion müssen die Patient*innen in der Regel das gerinnungshemmenden Mittel (wie beispielsweise Falithrom® oder Marcumar®) nur für die begrenzte Zeit von drei Monaten einnehmen, was ein unschätzbarer Vorteil für viele Patient*innen ist.
Sollte eine Rekonstruktion, z.B. im Falle einer Mitralklappenstenose, nicht möglich sein, kann der Mitralklappenersatz mittels biologischer oder mechanischer Prothese ebenfalls minimal invasiv erfolgen.
Mitralklappenersatz über Kathetertechnik (TMVI, „Transcatheter Mitral Valve Implantation“)
Minimal invasiver Mitralklappenersatz ohne Einsatz der Herzlungenmaschine
Für Patient*innen mit schlechter Herzfunktion und schweren Begleiterkrankungen besteht seit 2020 die Möglichkeit der Implantation einer biologischen Prothese (Tendyne Klappe) in minimal-invasiver Technik ohne Einsatz der Herzlungenmaschine. Zunächst untersuchten wir durch Echokardiographie und Comutertomographie, ob der Patient*innen für dieses Verfahren geeignet ist. Über einen linksseitigen kleinen Schnitt zwischen der 4. und 5. Rippe wird die Tendyne-Prothese am schlagenden Herzen über die Herzspitze bis zur Mitralklappe vorgebracht. Über einen Katheter und unter echokardiographischer Kontrolle wird die Prothese so positioniert, dass sie die Funktion der Mitralklappe vollständig übernehmen kann. Dann wird die Prothese freigesetzt. Anschließend wird ein an der Prothese befestigtes Band mithilfe einer kleinen Kappe an die Herzspitze fixiert. Da es keine Langzeitergebnisse für dieses Verfahren gibt, wird sie aktuell nur bei schwerkranken Patient*innen eingesetzt.
Mitralklappe- TENDYNE
genehmigt durch COPYRIGHT FA. Abbott Medical GmbH
Patienteninformationsvideo
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